Ich kenne keine Kunst, die einen solchen Raum öffnet wie Jochens Skulpturen

Einführung von Ralf Bertscheit zu der Ausstellung
Jochen Warth
in der Evangelischen Akademie, Bad Boll, 2007


Wir wissen so viel.
Wir wissen alles.
Unsere ganze Umwelt ist erforscht, Geheimnisse gibt es keine mehr, nichts trägt mehr den Mantel des Unwissens, alles steht uns klar und einsichtig und erklärbar vor Augen – schön.

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Jochen Warth – ein Zeichner

Rede von Ralf Bertscheit zur Einführung in die Ausstellung:
Jochen Warth / Jo Bukowski – Malerei und Stahlskulpturen
in der Galerie kunst_raum haerten, Jettenburg, 2006


Jochen arbeitet mit Stahl. Seine Skulpturen in dieser Ausstellung sind alle aus Stahl. Sie sind aber nicht massiv, sie bestehen nicht aus schweren Stahlblöcken. Jochen nimmt Stahlplatten, nur wenige Millimeter dick, schneidet sie zurecht, biegt sie in Form, fügt sie zusammen und verschweißt dann die Kanten dieser Platten so, dass der Eindruck einer geschlossenen massiven Stahlform entsteht.

Dabei benutzt Jochen keine Vorzeichnungen, es existieren keine planerischen Skizzen, keine Entwürfe. Zeichnungen mit Millimeterangaben, Schnittstellen, Biegungskurven, Winkelzahlen, Materialstärken sucht man in seinem Atelier vergeblich. Jochen konstruiert seine Skulpturen allein im Kopf.

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Jochen Warth ist einer, der unabhängig von gängigen Stilen und Vorbildern kühn formuliert

Dr. Barbara Lipps-Kant zur Einführung in die Ausstellung
„Mahmut Celayir, Jürgen Klugmann, Jochen Warth – drei Künstler“
in der Kunststiftung Pro Arte, Ulm, 2002


Jochen Warth ist einer, der unabhängig von gängigen Stilen und Vorbildern kühn formuliert Es entstehen Zeichen, die in ihrer reduzierten Gestalt und Schönheit bestechen. Neben Brancusi und Chillida ist es der Karlsruher Franz Bernhard, der ihn in seinem Schaffen fasziniert. Daneben übte altes Werkzeug eine unausgesprochene Anziehungskraft aus. Doch ist in dem orginellen Skulpturenwerk nichts von all dem direkt auszumachen. Gelegentliche Anklänge entspringen dem Zufall. Im Laufe der Jahre hat der Künstler in dieser strengen, an Klarheit kaum zu überbietende Sprache ein erstaunliches Alphabeth geschaffen „Jochen Warth ist einer, der unabhängig von gängigen Stilen und Vorbildern kühn formuliert“ weiterlesen

Die vorher getrennten Stahlplatten verbinden sich an ihren alten Grenzen miteinander zu einem neuen Ganzen

Rede von Ralf Bertscheit zur Eröffnung der Austellung
Ralf Bertscheit / Jürgen Klugmann / Jochen Warth
in der Galerie kunst_raum haerten, Jettenburg, 2001


… Mich interessiert es nicht mehr, von meinem Leben zu erzählen, von dem was geschehen ist,
mich interessiert es nicht, meine Arbeiten zu Sprachrohren zu machen,
mich interessiert eine andere Art der Erzählung, eine die nicht voranschreitet und deren Ende
schon nach wenigen Sätzen absehbar ist,
eine, bei der man nicht mitfiebert,
eine, die nicht dramatisch ist.
Manchmal vergesse ich beim Arbeiten an einer Skulptur, was ich da eigentlich mache,
und dann komme ich ihr auf die Spur …
mich interessiert eine Erzählung, die nicht läuft, sondern stillsteht,
eine, die ist, hier und jetzt,
eine, die sie selbst ist …
dieses Ding …
… geht das ?

… Ich will ein Ganzes machen, ein Ganzes.
Wenn ich Beton in eine Form gieße, habe ich aus Millionen Körnchen Zementstaub
und abertausenden Körnchen Sand und vielen Tropfen Wasser
ein Ganzes, ein Ding, Eins gemacht.
Das ist nicht mehr zerteilbar,
das ist nach außen abgeschlossen und ruht nach innen in sich.
Wenn ich Stahlplatten zusammenschweiße, löse ich das Metall an den Schweißnähten soweit auf,
dass es flüssig wird, dass es hier in seinen Bestandteilen frei fließt und sich bewegt,
um dann, im Erkalten, zu einem neuen Ganzen zu werden.
Die vorher getrennten Stahlplatten, die jede für sich ein Ganzes waren,
verbinden sich an ihren alten Grenzen miteinander zu einem neuen Ganzen …


 

Monumente aus Eisen und Stahl

Dr. Barbara Lipps-Kant über Jochen Warth


Wie denkwürdige Zeichen aus vergangener Zeit muten sie an, die gekrümmten, in der Bewegung verharrenden Objekte aus Eisen oder Stahl. Sie stehen, liegen oder hängen, allein oder in Gruppen. Die Oberflächen, von Spuren der Witterung rostig, in Schattierungen warmer Brauntöne erglühend, oder bisweilen glänzend poliert und wie Spiegel scheinend, schließlich auch in dunklen Tönen gehalten und von der gleichmäßigen Markierung der Schweißpunkte gezeichnet, diese Oberflächen verleihen den Werken eine eigenartige Physiognomie.

Es sind sperrige, karge Arbeiten mit tief verborgenem Sinn, die sich – falls ein Realitätsanspruch vorliegt – dem Zugriff des Betrachters weitgehend entziehen. Schönheit gepaart mit Unnahbarkeit. Es sind Werke, denen das gewählte Material vordergründig Präsenz verleiht, die darüber hinaus Schwerelosigkeit atmen. Vor allem aber sind es Verherrlichungen einer Idee. Metaphern der gestundeten Zeit. Metaphern einer in sich ruhenden, fließenden Bewegung.

Jochen Warths erstaunliche Entwicklung als Bildhauer begann Anfang der achtziger Jahre mit dem Material Holz.

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Er arbeitet gegen den Strom, anachronistisch. Reduktion, Konzentration, Präzision

Rede von C.H.C. Geiselhardt zur Eröffnung der Austellung
Skulpturen und Wandzeichen
in der Galerie im Griesbad, Ulm, Oktober 1999


Meine Damen und Herren,

Skulpturen und Wandzeichen von Jochen Warth in der Galerie im Griesbad in Ulm. Dreidimensionale, plastische Objekte hier in diesen Räumen. Plastiken und Objekte im Raum. Körper im Raum. Raumkörper. Raum. Versuchen wir unsere Vorstellungen des elementaren Begriffs Raum genauer zu erfassen, stoßen wir in den Wurzeln immer wieder auf die Tätigkeit des Bauens. In der langen Tradition des architektonischen Bauens finden sich, dabei immer die physikalischen Grenzen des Handwerks auslotend, die sich stetig weiterentwickelnden Erfahrungen unserer Raumvorstellungen. In anschaulichster Weise ist dieser Prozess hier in Ulm unmittelbar sichtbar vor unseren Augen: „Er arbeitet gegen den Strom, anachronistisch. Reduktion, Konzentration, Präzision“ weiterlesen

Jochen Warths Material ist der Stahl

Setzte er in früheren Arbeiten oft Holz als Kontrast ein, so beschränkt er sich heute vorwiegend auf Stahl und Beton. Nach wie vor handeln seine Plastiken von Masse und Raum, Bewegung und Ruhe. Klare, einfache Formen, ungegenständlich, geometrisch abstrakt.

„Ohne Titel“ benennt er deswegen auch die überwiegende Anzahl seiner Arbeiten und gibt so dem Betrachter Raum für eigene Assoziationen. Es gibt keine Ablenkung vom Wesentlichen. Ausgangspunkt sind gewöhnliche Stahlplatten, 1-3 mm stark, die geschnitten, gesägt, gebogen und zusammengeschweißt werden. So wird Fläche zum Körper, zum Raum, zu einem dreidimensionalen raumgreifenden Objekt – krallenförmig gekrümmt, gebogen, liegend, stehend, oder hängend.

Bewegung ist eines seiner wichtigen Themen: Bogenförmige Schwünge, parallel geführt, geben Richtungsimpulse in den Raum, die gedanklich weitergeführt und ergänzt werden sollen.Beim Umkreisen der Objekte entstehen so Überschneidungen und neue Zwischenräume. In jüngerer Zeit ragen die Objekte oft unverschlossen skelettartig in den Raum, dunkle Öffnungen brechen auf, lassen die Fläche zu Schalen werden, verweisen auf das innere Volumen.

Ich beschäftige mich physisch, mit viel Arbeit, mit dem Raum. Mühe, Umwege und die dadurch bedingte Verlangsamung spielen eine wichtige Rolle. So reflektiere und erarbeite ich Raum, mache ihn mir vertraut, eigne ihn mir an – bis er mir gehört.